Sonntag, 24. Mai 2009

Umrundung des Großen Jasmunder Bodden

Eine ursprünlich für Himmelfahrt anvisierte Umrundung des Jasmunder Boddens haben wir, meine charmante ortskundige Begleitung und ich, aufgrund der Schlechtwetterprognose (Gewitter, Starkregen, etc.) am gestrigen Samstag vollzogen. Folgende Route wurde dabei zurückgelegt:

Radroute 191234 - powered by Bikemap

Verspätet war an diesen Tag einmal mehr die Deutsche Bahn, anstatt um 7:22 Uhr vom Greifswalder Bahnhof zu starten verspätete sich der erste Zug um eine satte dreiviertel Stunde. Entsprechend verpassen wir in Stralsund den Anschlusszug nach Lietzow. Die Wartezeit in Greifswald und Stralsund wird natürlich sinnvoll durch ein erstes und zweites Frühstück kompensiert, leider nicht auf Kosten der DB.

Neben dem ersten Regionalexpress hat auch die Uhr der Anzeigetafel im Stralsunder Bahnhof ihren Dienst quittiert, sehr zur Verwirrung manches Reisenden.

Am Zielbahnhof in Lietzow begrüßt uns der angekündigte böige Westwind, der uns die nächsten 30 Kilometer begleiten wird. Weniger erfreulich sind die dichten Wolkenfelder und die niedrigen Temperaturen, die den Start reichlich ungemütlich machen.

Schnell flüchten wir uns hinter Lietzow in den geschützten Wald und finden den ersten spektakulären Küstentrail des Tages, der in einer schönen Abfahrt vor Ralswiek endet.

Unterwegs bieten sich herrliche Blicke in die Tiefe auf eine wilde Küste.

In Ralswiek kürzen wir fix durch den Yachthafen ab, hier gibt es den ersten kleinen Treppendownhill des Tages :-)

Durch einen Park geht es hinauf zum Ralswieker Schloss und es öffnet sich ein schönes Panorama auf die Festspielstätte.

Bis hierin war das Wetter erträglich, aber nach dem Park und einem Wald geht es über das offene Land gegen den Wind und aufziehende Regenschauer hoch nach Liddow. Einen auf der Karte verlockenden Singletrail in den Banzelvitzer Bergen lassen wir aufgrund des miesen Wetters und der gedrückten Stimmung rechts liegen und eilen über das flache Land weiter. Liddow selbst besteht nur aus zwei oder drei Gehöften, darunter das Gutshaus Liddow, in dem heute Künstler leben und arbeiten.

Vor Überquerung des Liddower Stroms suchen wir zunächst Schutz unter einer Weide, dann geht es weiter über Neuenkirchen bis hinter Neuendorf. Durch die Alleen ist der Wind hier erstaunlicher Weise relativ erträglich.

Erstmals klart der Himmel auf und wir legen an der Neuendorfer Wiek eine kleine Rast ein. Bei der Abfahrt nach Trent entdecken wir hier doch tatsächlich einen kreisenden Seeadler, herrlich.

Gegen den Wind geht es weiter zur Wittower Fähre und es bleibt ungemütlich, auch Möwen haben es hier heue nicht einfach. Wohl weil wir ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter machen schenkt uns der Kassierer auf der Fähre eine Gratistour, möglicherweise denkt er wir kehren noch um?!

Mit Seitenwind beschließen wir einen Schwenk nach Wiek zu fahren und uns ein warmes Mittagessen zu suchen. Etwas eintönig führt der Weg dorthin größtenteils windgeschützt immer entlang der Uferkante, der Ort und seine Gastronomie sind eine Enttäuschung. Im ersten Fischrestaurant gibt es statt Fisch nur Kaffee und Kuchen, brüsk werden wir von der Wirtin auf ein Schild vor der Tür verwiesen. Das geht auch freundlicher denken wir und vergleichen zunächst die Schnitzelpreise im Ort und stellen ein interessante Steigerung mit zunehmender Wassernähe fest. Schließlich landen wir wieder im Hafen und beschließen der Suche überdrüssig das dortige Bistro in Beschlag zu nehmen. Dessen Wirt begrüßt uns ähnlich zuvorkommend und verweist genauso unverschämt auf die Fahrradständer um die Ecke (hier klaut keiner), während wir unsere Räder schon ganz gerne im Auge behalten wollen. Da nicht davon auszugehen ist, dass der Wirt im Falle eines Diebstahls für den Schaden aufkommt parken wir diese am Strandkorb auf der Terrasse und genießen in der Tourifalle leicht überteuerte Pasta und Getränke bei grenzwertiger Musik und Wanddekoration. Atmosphäre? Naja, immerhin werden wir satt und können uns aufwärmen, zur Nachahmung empfiehlt sich Wiek definitiv nicht.

Während unserer Mittagspause hat sich das Wetter merklich gebessert und wir fliegen mit Sonne und Wind im Rücken durch die Felder gen Osten nach Breege und zur Schaabe.

Die Schaabe ist ein absolutes Highlight, abseits des Touri-Radwegs führt auf der Boddenseite ein größtenteils verschlungener Singletrail durch den Kiefernwald. Hier ist definitiv Konzentration gefragt.

Aufgrund der fantastischen Aussicht legen wir immer wieder kleine Stopps ein.

Boddenblick

Hinter dem Forsthaus Gelm folgt der zweite Treppendownhill des Tages, zum Tragen sind die immerhin 10 Höhenmeter auch viel zu schade.

An der Promenade in Glowe füllen wir die Energiespeicher erst einmal wieder mit einem Eis und finden wenig später auch endlich den erhofften Supermarkt zur Aufstockung unserer bereits arg dezimierten Verpflegung. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit beschließen wir zumindest einen kleinen Schwenk durch den Nationalpark Jasmund zu fahren, Lohme und den Königsstuhl aber für heute auszulassen. Entlang des Spykerschen Sees geht es zunächst auf den Tempelberg.

In der Ferne kündigt sich von der Seebrücke bereits ein verheißungsvolles "Höhenprofil" an, 150 Höhenmeter wollen wir zum Abschluss mindestens noch heraufkurbeln.

Zwischendurch noch ein kurzer Stopp am Schloss Spyker...

...und schon geht es hinauf ins malerische Bobbin.

Von der Aussichtsplattform in Bobbin und dem Tempelberg eröffnet sich eine fantastische Weitsicht über die bereits zurückgelegte Strecke. Im Vergleich zu heute morgen ist der Himmel klar und fast Wolkenlos.

Vom Tempelberg wollen wir weiter auf den Heideberg und hier entdecken wir ein weiteres absolutes Highlight: den kleinen Königsstuhl am Kreidemuseum. Der sieht nicht nur schön aus, es führt auch ein Pfad hinauf, den wir kurzerhand raufkurbeln. Weil es bereits Abend ist sind wir weit und breit die einzigen Besucher und müssen bei der Abfahrt keine Rücksicht nehmen. Vom kleinen Königsstuhl bietet sich wieder eine fantastische Weitsicht, diesmal über ganz Rügen bis nach Stralsund. Anders als der Königsstuhl lässt sich der Kleine auch besser aus der Ferne betrachten.

Nach der gediegenen Abfahrt, die meine Mitfahrerin nach kaum einem Monat auf dem Mountainbike mit Bravour meistert, folgt eine Suche nach dem richtigen Weg zum Heideberg, die in einem Kringel und vielen Höhenmetern endet. Nach Überquerung diverserer Pferdekoppeln landen wir schließlich wieder in Neddesitz und fahren einen kleinen südlichen Schwenk. Vom Heidberg geht es hinein in den finsteren Nationalpark zum Trenzer Berg.

Die erkämpften Höhenmeter werden hinter der Bundesstrasse auf der Abfahrt zum Wissower Klinken wunderbar verheizt. Ab der Waldhalle ist der Weg für Radfahrer gesperrt, da nach 8 Uhr offensichtlich keine Menschenseele mehr unterwegs ist ignorieren wir das Schild geflissentlich, zumal kein Mountainbike darauf abgebildet ist.

Noch fix ein Finisher Foto geschossen, dann verrät der Blick auf die Uhr, dass der nächste Zug in Sassnitz entweder in 20 Minuten oder in einer Stunde und 20 Minuten geht. Schnell vernichten wir auf herrlichen Pfaden entlang der Steilküste die letzten Höhenmeter nach Sassnitz herunter, rasen durch den Ort und erreichen schließlich unseren Zug drei Minuten vor Abfahrt. Die letzte Stufe in den Zug wird natürlich gefahren, dann fallen wir glücklich in die Sitze.


Fazit: So schlecht wie der Tag in der ersten Hälfte wettertechnisch begann, so schön wurde er landschaftlich in der Zweiten. Vielleicht wegen des Regens sind uns unterwegs nur sehr wenige andere Radler begegnet, viele unserer Strecken haben wir aber auch bewusst abseits der befestigten Touri-Pisten gesucht. Mit Ausnahme von Wiek und unserem Kringel (hier gibt es einen kleinen Verbindungspfad) empfehlt sich die Tour definitiv zur Nachahmung, insbesondere bei Westwind. Aus Rücksicht auf andere Besucher sollten der Kleine Königsstuhl und der Küstentrial im Nationalpark Jasmund, wenn überhaupt, erst in den Abendstunden befahren werden.

2 Kommentare:

  1. Wirklich toll beschriebene Fotostory!
    Wäre wohl wegen der kleineren Anstiege was für meine Freundin...

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  2. Toll gemacht! Ich hoffe Ihr habt die Insel nun auch schon öfters geradelt, als Einheimischer aus Glowe kenne ich Rügen sehr gut und empfehle gerne unsere schöne Insel!
    Besonders Halbinsel Jasmund und die Granitz laden auf wiederholte Besuche ein, mein Tip ist dabei wie Ihr es gemacht habt, abseits der Touripisten.
    Weiterhin viel Spaß und Erfolg!

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